Neue Seite 1
HRVATSKA KULTURNA ZAJEDNICA U ŠVICARSKOJ
   

  

 

HKZ-KKV
  Home
Über uns
Über Kroatien
  Aus der Schweiz
  Geschichte-Politik
 

 

Kroatischer Kulturverein

Hrvatska Kulturna Zajednica

Postfach

CH-8050 Zuerich

 


 
 
 
hakave.gif
 
 

 

 

 

hous-logo.jpg

   
   
   
   
   
   
 

LEHREN AUS KROATIENS KRIEGSERFAHRUNGEN     (09.07.2010)

Es handelt sich hier um eine Zusammenfassung des 2010 IWWK Seminar Bad Kissingen, BRD. 31 Teilnehmer aus sechs Ländern versammelten sich vom 24.5. bis 27.5. im Heiligenhof in Bad Kissingen zum 2010 Seminar des Internationalen Willi-Wanka-Kreises.

Das Seminar behandelte das Thema "Welche Hoffnungen haben die Heimatvertriebenen heute?". Zuzufügen wäre: "Nach dem Scheitern des Versuchs des BdV, ein deutsches Zentrum gegen Vertreibungen zu errichten".

Dr. Tomislav Sunic (Zagreb) referierte über

"Lehren aus Kroatiens Kriegserfahrungen."

Er stellte einen Zusammenhang zwischen beiden Kriegen Kroatiens im 20. Jahrhundert her. In einem kausalen Nexus war der Krieg 1991-1995 eine direkte Folge schlecht bewältigter Nachkriegserfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg.

Während und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg hat Kroatien, als letzter Verbündeter Deutschlands, schwer für den verlorenen Krieg büssen müssen. Es hat hunderttausende seiner Eliten und seiner Zivilbevölkerung verloren. Seine ganze Mittelschicht war 1945 von titoistischen Kriegsgewinnern ermordet worden.

Die Nichtbewältigung der Nachkriegserfahrungen des Zweiten Weltkriegs hat zwei Gründe. Erstens: Eine Untersuchung der nach 1945 stattgefundenen Massen- und Völkermorde nach dem Zweiten Weltkrieg durch jugoslawische und andere Historiker hätte ein schlechtes Licht auf die westlichen Allieerten wegen ihrer Duldung dieser völkerrechtswidrigen Verbrechen geworfen. Zweitens besitzen die heutigen Politiker in Kroatien ein solides Pedigree aus den Zeiten des Kommunismus, der dem Zweiten Weltkrieg auf dem Fusse folgte. Sie können trotz ihrer jetzigen ultra-liberalen Phraseologie ihre kommunistischen Lehrjahre kaum verbergen. Grosse Teile der Öffentlichkeit haben sich von einem schnell verdauten Jugokommunismus und noch schnellerem fingierten kroatischen Nationalismus in Rekordgeschwindigkeit in den letzten Jahren zu einem nachgeäfften westlichen Liberalismus umgeschminkt.

Schuld an den Kriegsereignissen in Ex-Jugoslawien vor 15 Jahren waren keine fanatischen Nationalisten, sondern die ehemalige kommunistische Elite die, unterstützt von der internationalen Gemeinschaft, nie versucht hat, die nationale Fragen Jugoslawiens zu lösen und die nie die Courage hatte, über die ethnischen Säuberungen nach 1945 zu reden. Der Unabhängigkeitskrieg von 1991 wird in den Medien kritisiert, gleichzeitig aber von den Politikern hoch gepriesen; der Krieg wird von allen Parteien als Heimatkrieg definiert während gleichzeitig hohe kroatische Offiziere sich vor dem Haager Gericht verantworten müssen. Diese schizoide Lage bezüglich der kroatischen Kriegserfahrung hat ihren Preis.

Der Druck der westlichen Wertegemeinschaft und der kroatische allgemeine Wunsch eines EU Beitritts sind so gross, dass die heutigen Politiker Schwierigkeiten haben, Kroatiens Identität zu erkennen. Sie zeigen sich der Welt als Ultrademokraten und Antifaschisten; sie ersetzen die ehemalige Unterwürfigkeit vor Belgrad durch eine Unterwürfigkeit vor Brüssel; sie distanzieren sich von irgendwelchem Nationalismus und ganz besonders vom Kroatien des Zweiten Weltkriegs; die grossen von Kommunisten am kroatischen Volk nach 1945 begangenen Massaker werden offiziell verschwiegen. Der kroatische parlamentarische Ausschuss für die Untersuchung der Opferzahlen nach dem 2. Weltkrieg wurde im Jahre 2001 aufgelöst. Man kann daraus schliessen, dass bei den alten ehemaligen und heute pensionierten kroatischen Partisanen wie bei ihren Nachfolgern kein besonderes Interesse besteht, ihre kommunistische Vergangenheit zu erforschen.

Somit ist die Thematisierung des Zweiten Weltkriegs in Kroatien, ähnlich wie in Deutschland, ein Fach der sogenannten "Rechtsradikalen", "Revanchisten" und "Revisionisten" geworden. Immer besteht die Gefahr, dass jemand, der einen kausalen Nexus zwischen den kommunistischen und anderen Völkermorden von 1945 und den ethnischen Säuberungen vom jugoslawischen Bürgerkrieg sucht, als "Rechtsextremist" gebrandmarkt wird.

Das ist bedauerlich, denn hätten die Meinungsmacher und die Historiker im kommunistischen Jugoslawien, aber auch im Westen, offen über die nach dem Zweiten Weltkrieg von Kommunisten begangenen Völkermorde an Kroaten und Donaudeutschen berichtet, wären die im Krieg in den neunziger Jahren stattgefundenen Massaker vermieden worden.

Die gigantischen Morde der Kommunisten im Sommer 1945 an der Zivilbevölkerung, insbesondere an der kroatischen und volksdeutschen Mittelschicht, sind in Kroatien noch nicht bewältigt. Zwar gab es in den neunziger Jahren eine Versöhnungsgeste seitens der Tudjman-Regierung, die die menschenrechtswidrigen AVNOJ (Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens) Gesetze ausser Kraft gesetzt und die Rechte der Volksdeutschen wieder her gestellt hat, aber man spricht heute über die Leiden der Volksdeutschen nur in geschlossenen Zirkeln; ausser ein paar Experten auf diesem Gebiet wissen nur wenige in Kroatien, was eigentlich mit hundert tausenden Donauschwaben in Jugoslawien nach 1945 geschehen ist. Trotzdem muss betont werden, dass Kroatien im Hinblick auf eine Aussöhnung zwischen Vertreibern und Vertriebenen der Tschechischen Republik, wo die Beneschdekrete nach wie vor gelten, weit voraus ist.

Obwohl der jugoslawische Bürgerkrieg 1991-95 das Identitätsfundament Kroatiens war, der die Nation und alle ihre nachkommunistischen Parteien zu völkerrechtlichem Bestand geführt hat, sind heutzutage die meisten der kroatischen Politiker und Medienleute anational und denken antikroatisch. In der Tat hat Kroatien im völkerrechtlichen Sinn wenig gewonnen. Das Land ist heute nur halb-souverän, und die Frage ist berechtigt, ob es sich für die Kroaten gelohnt hat, aus Jugoslawien auszuscheiden, weil Kroatiens Souveränität heutzutage nicht in Zagreb, sondern in Brüssel und Washington ausgeübt wird.

Die politischen Kreise in Kroatien, und ebenso in Deutschland, kennen die Geschichte der Nachkriegszeit sehr gut. Aber sie haben ein Interesse daran, zu schweigen und glauben, nur ein selektives Geschichtsbewusstsein an den Tag legen zu müssen. Zwar herrscht in Kroatien mehr akademische Freiheit zur Historiographie des Zweiten Weltkriegs als in Deutschland. Aber es ist zu befürchten, dass mit der EU Kandidatur auch Kroatien bald ein Opfer sogenannter "Normalisierung" und "Selbstzensur" sein wird.

Es scheint anachronistisch, die Opfer des jüngsten Krieges zu beklagen und ihre Vollstrecker, zum Beispiel Milosevic und Karadzic vor den internationalen Gerichtshof zu zerren und zur gleichen Zeit die Taten ihrer Vorbilder Tito und Benesch zu ignorieren. Dabei sind Karadzic, Milosevic und die anderen Drahtzieher des letzten Krieges auf dem Balkan nichts mehr als kleine Lehrlinge der ehemaligen kommunistischen und nichtkommunistischen Partisanen aus jugoslawischen und tschechoslowakischen Nachkriegssystemen, deren Greueltaten von der westlichen Wertegemeinschaft seit 65 Jahren nicht nur nie angeprangert, sondern gelegentlich sogar gepriesen worden sind.

Kommunistische Massen- und Völkermorde nach dem Zweiten Weltkrieg hatten einen Rückgang der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung im kommunistischen Kroatien, einem Teil Jugoslawiens. Ähnliches gilt für Polen und die zunächst "demokratische" Tschechoslowakei unter Benesch. Die Völkermorde bestimmten gleichzeitig die Historiographie, die wiederum den Bürgerkrieg 1991 in Ex-Jugoslawien beeinflussten.

Obgleich der letzte Krieg 15 Jahre zurück liegt, hat sich auf psychlogischen, politischen und völkerrechtlichen Ebenen nichts geändert. Alle Völker und Völkerschaften des ehemaligen Jugoslawien leben, ähnlich den Polen und Tschechen, noch immer im eigenen Mythos und betrachten sich als Opfer der Anderen. Ohne eine kritische historische Analyse des kausalen Nexus zwischen den Ereignissen nach 1945 und den Ereignissen im Jahre 1991 in Ex-Jugoslawien und anderswo wird es keine Ruhe geben.

Ein kleines Randvolk wie die Kroaten wird nie eine grosse Rolle in der hohen Politik spielen, da alles, was sich in Berlin abspielt, anschliessend in Zagreb nachgeäfft wird. Berlin wiederum schaut nach Washington bevor es handelt. Sollte Deutschland in der Zukunft einmal seine geistige und völkerrechtliche Unabhängigkeit zurück gewinnen, wird das automatisch sich auf Kroatien auswirken. Zur Zeit sind beide Staaten leider verpflichtet, päpstlicher als der Papst zu sein, das heisst, mehr Aufmerksamkeit der Opferlehre der anderen zu zollen, als Sympathie für die eigenen Opfer zu entwickeln.

So lange die Beneschdekrete in der Tschechischen Republik und ähnliche Gesetze in Polen Gültigkeit haben, stellt sich die Frage, ob nicht eines Tages diese Dekrete als ein gutes Alibi für einen neuen Krieg in Europa benutzt werden können. Warum sprechen wir über Milosevics Missetaten und nicht über jene von Benesch, einem Liebling des Westens, der heute in der Tschechischen Republik als Nationalheld gefeiert wird?

Wir leben heute im Zeitalter von Opferlehren, von denen einige sich zu Zivilreligionen entwickelt haben. Jede Opferlehre ist immer auf die Opfer anderer Völker ausgerichtet und damit nichts anderes als eine Fortsetzung des Krieges. Alle Opferlehren sind höchst konfliktreich - sie führen nicht zur Versöhnung sondern zu neuen Kriegen. Eine dieser Opferlehren bezieht sich auf nichteuropäische Opfer, nicht aber auf die Opfer unserer eignen Völker. Heute gibt es in der Opferlehre eine Hierarchie der Toten. Es ist kein Zufall, dass in dieser immensen Opferlehre aussereuropäische Völker und ihre Opferlehre immer Vorrang haben sollen.
Wir sollten uns daran erinnern, dass deutsche und kroatische Nachkriegsverluste an der Zivilbevölkerung sehr hoch waren, die unser Gedenken verdienen. Ihrer zu gedenken ist keine politisch angeordnete Pflicht, sondern unsere Zivilpflicht.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit !

Dr. Tomislav Sunic
www.tomsunic.info

09.07.2010.

009-2010

 

 

Neue Seite 1
© 2002 HKZ Hrvatska Kulturna Zajednica
Design & programming: