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FREISPRUCH IN DEN HAAG - ENTLASTUNG UND ERLEICHTERUNG     (17.11.2012)

Jahrelang stand Kroatien unter dem Verdacht, die nationalistischen Schlacken der Tudjman-Ära nicht restlos abgelegt zu haben. Diesen Vorwurf ist das Land nun los: Nach dem Freispruch von Gotovina und Markač jubelt ganz Kroatien.

Tausende Kroaten feiern in Zagreb die Entlassung ihrer Generäle aus der Haft
Die Kriegsveteranen hatten ihre Uniformen angelegt und lauschten gespannt den Worten des amerikanischen Richters Theodor Meron, die über einen Großbildschirm auf den Hauptplatz von Zagreb übertragen wurden. Es war nicht das erste Mal.

An derselben Stelle hatten am 15. April 2011 Tausende mitverfolgt, wie Richter Alphons Orie das erste Urteil des Kriegsverbrechertribunals der Vereinten Nationen für das ehemalige Jugoslawien gegen die kroatischen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markač verkündete. Damals wurde Gotovina zu 24 Jahren und Markač zu 18 Jahren Haft verurteilt, was die Veteranen zu Buhrufen animierte. Dieses Mal hofften die meisten auf eine Strafminderung, aber auf einen Freispruch wagten sie nicht zu hoffen.

Tausende bejubelten den Freispruch

Doch je länger Richter Meron sprach, desto mehr wuchs die Erregung. Als er auf die Beschießung der Städte Knin, Benkovac, Obrovac und Gračac während der "Operation Sturm" im August 1995 zu sprechen kam und die Auffassung des Ersturteils zurückwies, sie sei unrechtmäßig erfolgt, gab es den ersten Applaus. Am Ende jubelten Tausende, als Meron den Freispruch verkündete. Betagte Kriegsveteranen fielen einander mit Tränen in den Augen in die Arme.

Die Nationalhymne wurde angestimmt, Sektkorken knallten, da und dort wurde getanzt. Es war, als hätte plötzlich ein Albtraum geendet. Die Kroaten maßen dem Haager Urteil eine historische Botschaft zu: Es gehe nicht nur um Gotovina und Markač, es gehe um die Ehre ihrer Nation, um die Bewertung ihres Verteidigungskrieges gegen die großserbische Aggression und um ihren Platz in der Geschichte.

Das Berufungsgericht entkräftete das Urteil erster Instanz in allen wesentlichen Punkten. Im Mittelpunkt des Prozesses gegen die beiden Generäle stand die Beschießung der Serbenhochburg Knin und der drei anderen Städte durch die kroatische Artillerie. Die erste Instanz hatte ihr Urteil vorwiegend auf eine Analyse der Einschläge der Geschosse gestützt. Dabei wurde jeder Einschlag, der mehr als 200 Meter entfernt von einem militärischen Ziel erfolgte, als das Ergebnis eines gezielten Schusses gewertet.

Feuer auch auf bewegliche Ziele

Dieser "200-Meter-Standard", wie ihn Richter Meron nannte, war nach Überzeugung des Berufungsgerichts willkürlich gewählt worden, ohne zuverlässige Angaben über die unterschiedlichen lokalen Bedingungen in den vier Städten, wie Windstärke und Lufttemperatur, zur Verfügung zu haben. Im Falle Knin müsse zudem die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, dass die Artillerie das Feuer auch auf bewegliche Ziele gerichtet habe.

Die Frage der Beschießung der Städte ist deswegen zentral, weil die Anklage ihre Beweisführung über die Existenz eines kroatischen Generalplans zur "ethnischen Säuberung" der zurückeroberten Gebiete hauptsächlich darauf gestützt hatte. Nach der Ansicht der Anklage, die vom Erstgericht übernommen wurde, habe es ein "gemeinsames kriminelles Unternehmen" (JCE - joint criminal enterprise) gegeben, an dem die damalige politische und militärische Führung Kroatiens einschließlich der Generäle Gotovina und Markač beteiligt gewesen sei.

Dieses JCE habe die Absicht verfolgt, im Zuge der Befreiung der sogenannten Krajina die serbische Zivilbevölkerung so zu terrorisieren, dass sie ihre Heimat verlassen und nach Serbien flüchten würde. Die Beschießung ziviler Wohngegenden in den Städten der Krajina sei dabei entscheidend gewesen.

"Weit verbreitete, systematische Angriffe"

Das Urteil von April 2011 hatte die Anklageschrift in diesem politisch brisantesten Punkt bestätigt: "Bestimmte Mitglieder der kroatischen politischen und militärischen Führung", sagte Richter Orie damals, hätten spätestens im Juli 1995 ein JCE in die Wege geleitet, um die Serben der Krajina "durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt" auf Dauer zu entfernen.

An erster Stelle nannte er den Staatsgründer und ersten Präsidenten Franjo Tudjman, gefolgt vom damaligen Verteidigungsminister Gojko Šušak sowie ranghohen kroatischen Offizieren. Während der "Operation Sturm" im Sommer und Herbst 1995 hätten die kroatischen Streitkräfte und Spezialeinheiten der Polizei zahlreiche Verbrechen begangen, darunter Mord, grausame Behandlung von Zivilisten, mutwillige Zerstörung von Eigentum, Plünderungen und Deportationen.

Aus der relativ kurzen Zeit, in der sich in der Region zahlreiche Verbrechen ereignet hätten, zog das Erstgericht die Schlussfolgerung, dass es sich um einen "weit verbreiteten und systematischen Angriff gegen die serbische Zivilbevölkerung" gehandelt habe, an dem sich Gotovina und Markač beteiligt hätten.

Die Zurückweisung der Ansicht, die kroatische Artillerie habe nichtmilitärische Ziele in Knin und den anderen Städten beschossen, spricht also nicht nur die beiden Generäle frei, sondern entlastet auch den kroatischen Staat, weil das Tribunal die "Operation Sturm" zur Befreiung der von serbischen Rebellen besetzten Gebiete als solche nicht mehr mit einem Verbrechen gleichsetzt.

Dies erklärt die Erleichterung, mit der die kroatischen Politiker quer durch die Parteien das Urteil aufnahmen. Über all die Jahre stand Kroatien besonders in Großbritannien und in den Niederlanden unter dem Generalverdacht, die nationalistischen Schlacken der Tudjman-Ära nicht restlos abgelegt zu haben. Diesen Verdacht ist es jetzt los, was angesichts der zunehmenden Kritik an der EU-Beitrittsreife Kroatiens einen nicht zu unterschätzenden Erfolg darstellt.

Das Haager Tribunal bestreitet in seinem Urteil nicht, dass es im Zuge der Befreiung der von serbischen Rebellen besetzten Gebiete zu Verbrechen gekommen ist, ordnet sie jedoch nicht einem Generalplan zu. Die der Verurteilung erster Instanz zugrundeliegende Behauptung, Gotovina und Markač hätten diese Gewalttaten nicht verhindert, sondern billigend in Kauf genommen und nicht geahndet, wies das Berufungsgericht als nicht bewiesen zurück. Offen ist, ob die Urheber dieser Verbrechen je zur Verantwortung gezogen werden.

Von Karl-Peter Schwarz

www.faz.net / 16.11.2012

 

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