Auch heute noch kann man den Kroatischen Schäferhund in
seiner Heimat bei seiner ureigensten Tätigkeit, dem
Hüten von Viehherden, beobachten. Neben seinen
ungarischen "Verwandten" Pumi und Mudi ist er der
einzige Hirtenhund, der nicht nur Schafe, Pferde und
Rinder hüten, sondern auch Schweine und Geflügel
zusammenhalten kann. Sein Mut, mit dem der mittelgrosse
Hund sogar einen widerspenstigen Stier zur Herde
zurücktreibt, ist in seiner Heimat sprichwörtlich,
ebenso seine Aufmerksamkeit und Schnelligkeit. Seinen
wachsamen Augen und Ohren scheint nichts zu entgehen,
und man kann ihn manchmal sogar über die Rücken einer
Schafherde hinweglaufen sehen, um möglichst rasch
dorthin zu kommen, wo er gebraucht wird.
In letzter Zeit gewinnt dieser Hund in Kroatien auch
immer mehr Bedeutung als Haus- und Familienhund. Seine
Aufmerksamkeit macht ihn zu einem beliebten Wachhund,
immer häufiger findet man ihn aber auch als
Begleithund in der Stadt. Er ist heute tatsächlich
überall in Kroatien anzutreffen, in den durch den
Balkankrieg verwüsteten Dörfern Westslawoniens ebenso
wie in gepflegten Parks in Zagreb.
Selektionszucht
Mit der
systematischen Selektionszucht des Kroatischen
Schäferhundes begann Prof. Dr. Stjepan Romic im Jahre
1935 in Djakovo. Im Jahr 1949 wurden Kroatische
Schäferhunde erstmalig auf der internationalen
Hundeausstellung in Zagreb gezeigt.
1952 erstellte Dr. Otto Rohr den Standard der Rosse
und legte ihn der Kommission des damaligen
"Jugoslawischen Kynologenverbandes" vor.
Was dann geschah, ist bezeichnend für die Situation
im ehemaligen Jugoslawien. Die Kommission nahm den
Standard zwar sofort an, der Verband verschob aber -
offensichtlich unter dem Druck des antikroatischen
Regimes in Belgrad - immer wieder seine offizielle
Anerkennung. Häufigster Streitpunkt war die
Rassebezeichnung. Das Wort "kroatisch" hatte in den
Ohren des offiziellen Belgrad offenbar einen so
schlechten Klang, dass es nicht einmal im Namen einer
Hunderasse aufscheinen sollte.
Es dauerte ganze 16 Jahre, bis der Jugoslawische
Kynologenverband den Standard endlich anerkannte.
Bereits im darauffolgenden Jahr, am 23. Juni 1969,
erfolgte die Anerkennung durch die FCI. Der Standard
erhielt die Nummer 277 und wurde in die F.C.l.-Gruppe
l: Schäferhunde und Treibhunde (ausgenommen Schweizer
Sennenhunde) eingereiht.
Derzeitige Situation
Heute gibt
es nach Auskunft des Clubs für Kroatische Schäferhunde
in Zagreb ca. 1000 Besitzer und 100 Züchter
Kroatischer Schäferhunde im ganzen Lande. Das Zentrum
der Zucht ist nach wie vor Slawonien, die beiden
bedeutendsten Kennels, "Certisa" und "Dokovo-Ho",
befinden sich in Djakovo.
Allerdings haben die Kriegsereignisse der letzten
Jahre die Hundezucht in Slawonien schwer
beeinträchtigt. Dagegen haben Kennels in anderen
Gebieten Kroatiens und in der Hauptstadt Zagreb an
Bedeutung gewonnen. Der Sieger der
Welthundeausstellung in Brüssel 1995, der vierjährige
Rüde "Grga", ist in Samobor, ca. 25 km von Zagreb
entfernt, zu Hause. Sein Besitzer ist der Präsident
des Clubs für Koratische Schäferhunde in Zagreb,
Dubravko Lalic. Voll Stolz betont er, dass trotz des
Krieges jedes Jahr die internationale Hundeausstellung
in Zagreb stattfand und auch in anderen Städten -
natürlich ausserhalb der Kriegsgebiete -
Hundeausstellungen durchgeführt wurden. Es nehmen auch
viele Hundebesitzer aus Kroatien an ausländischen
Ausstellungen teil - 58 Teilnehmer waren es allein
heuer bei der Welthundeausstellung in Brüssel.
Der kroatische Kynologenverband und die drei Clubs
für Kroatische Schäferhunde - Zagreb, Slavonski Brod
und Djakovo - bemühen sich also durchaus mit Erfolg um
die Erhaltung des Hundewesens und im speziellen dieser
"autochtonen" Hunderasse. Für die Kroaten ist "ihr"
Schäferhund mehr als "nur" eine Hunderasse, er ist ein
Teil ihrer Kultur. Jedes Jahr im Juli beim
traditionellen "Djakovacki vezovi", einer
Folkloreveranstaltung in Djakovo, werden nicht nur
kunstvoll bestickte Trachten und prächtige
Pferdegespanne gezeigt, sondern auch die Kroatischen
Schäferhunde, die immer eine besondere Attraktion
darstellen. Trotz des Krieges haben sich die Menschen
auch damals dieses Ereignis nicht nehmen lassen.
So populär der Kroatische Schäferhund in seiner
Heimat ist, ausserhalb Kroatiens findet man ihn kaum.
Lediglich in Kanada, wo viele Auslandskroaten leben,
hat er eine gewisse Verbreitung gefunden, einzelne
Hunde gibt es auch in Finnland und Ungarn.
Dr. Christine Kary
Schweizer Hunde Magazin
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